Schlüsselformen innerhalb von 500 Jahren

Schlüssel und Schloss gehen bereits seit Jahrtausenden einen gemeinsamen Weg. Schon im Alten Ägypten wurde ein kompliziertes Riegelsystem mit Schloss und Schlüssel verwendet. Das Heimathaus Traunstein birgt eine kleine, aber repräsentative Sammlung an Schlössern und Schlüsseln vergangener Jahrhunderte. Die hier ausgewählten Exemplare an Schlüsseln sind in der Reihenfolge abgebildet wie sie zeitlich entstanden sind. Datierungen von Schlüsseln bewegen sich grundsätzlich zwischen 100 und 200 Jahren. Dass in verschiedenen Regionen auch die Formen der Ausarbeitung Unterschiede aufwies, wird bei intensiver Auseinandersetzung deutlich. So wurden beispielsweise in der französischen Renaissance außerordentlich fein ausgearbeitete Schlüssel mit vielen schmückenden Elementen für Truhenschlösser hergestellt.

 

„Fünf Schlüssel aus 500 Jahren: 14/15. bis 19. Jahrhundert.“ (Foto: Veronika Leopold)
„Detail: unterschiedliche Bartformen.“ (Foto: Veronika Leopold)

Die Grundbestandteile eines Schlüssels sind: Reide (Griff), Dorn oder Halm (Schaft), Gesenk (Verbindungsglied zwischen Griff und Schaft, nicht immer vorhanden) sowie Bart (meist rechteckig am Schaftende angesetzt, mit Einschnitten). In der 1. Abbildung links ist ein überdimensional großer Schlüssel zu sehen mit einer Länge von 30 cm. In seiner Größe und mit der rautenförmigen Reide (Griff) ist er ein typisches Beispiel eines gotischen Schlüssels aus dem 14. oder 15. Jahrhundert. Die Ecken sind flach und kreisrund geschmiedet. Allein die Reide hat eine Länge von 13 cm. Mit dieser Greiffläche lag der Schlüssel beim Drehen wohl gut in der Hand. Der Dorn (Schaft) ist hohl und weist auf der Außenseite Ausbesserungen bzw. Materialverstärkungen auf. Der Bart zeigt breite klare Einschnitte und das Gesenk (Verbindungsglied) umfängt den Dorn als Band. In der Romanik - die Epoche vor der Gotik - waren Gesenke an Schlüsseln noch nicht üblich. An diesem Schlüssel ist das Schmiedehandwerk deutlich zu erkennen. Der zweite Schlüssel ist in seiner Dimension und Ausführung nicht vergleichbar mit dem gotischen Beispiel. Eine Gemeinsamkeit haben beide anhand des Dorns (Schaft), der innen hohl ist. Es handelt sich um ein Exemplar aus der Renaissance, vermutlich dem 16. Jahrhundert. Die Reide ist dreifach durchbrochen mit einem Aufsatz, ähnlich einer Laterne. Im Bart ist ein Einschnitt in der Form eines Sternes mit sechs Strahlen zu erkennen (Abbildung 2). Grundsätzlich sind in der Kunst der Renaissance auch zarte musterhafte Schmuckelemente zu entdecken. Das heißt, dass Formen der jeweiligen Epoche in den verschiedenen Gattungen oftmals sehr ähnlich sind. Mit Gattungen sind gemeint: Malerei, Grafik, Bildhauerei, Baukunst; vielleicht findet sich also diese Form der Reide in einem schmiedeeisernen Torgitter der Renaissance wieder. Der dritte Schlüssel zeigt sich abermals in einem völlig anderen Bild, massiv und klar. Wir befinden uns nun in der Zeit des Barock, im 17. und 18. Jahrhundert. Ähnlich wie die voluminösen raumgreifenden Stuckarbeiten im Barock, so kraftvoll drückt sich dieser Schlüssel aus. Die wulstige Reide und das gequetschte Kugelgesenk transportieren diese Formensprache. In den gleichmäßigen Einschnitten des Barts ist eine sich wiederholende Kreuzform sichtbar. Die Kreuzform auf Schlüsselbärten kommt sehr oft in den verschiedenen Epochen vor. Bei Darstellungen des Hl. Petrus mit seinen Himmelsschlüsseln ist diese auch auf den Schlüsseln zu finden, so wie bei unserem vierten Beispiel. Auffällig an diesem Exponat ist das lang gezogene Gesenk mit Verkröpfung, wieder mit gequetschter Kugel. Die Reide ist rund und schlicht; ihre Enden ragen als Spitze in diese hinein. Das letzte Beispiel mit einem Volldorn (unten geschlossener Schaft) in Knopfform endend, ist in seiner Ausarbeitung einfach geartet. Im 19. Jahrhundert entstanden, handelt es sich bereits um die Zeit der Industrialisierung. Schlüssel dieser Zeit erhielten oftmals keine Schmuckelemente. In der genauen Betrachtung fällt auf, dass der Bart dieses Objekts aus zwei Teilen besteht. Auch diese Eigenart findet sich bei Schlüsseln des 19. Jahrhunderts des Öfteren. 

Die hier ausgewählten Beispiele sollen kunsthandwerkliches Können und stilistische Veränderungen vergangener Jahrhunderte in Form eines Gebrauchsgegenstandes - des Schlüssels - veranschaulichen. 

Literatur:
Pall, Martina, Schlüssel und Schlösser. Exponate aus der Schell Collection Graz, Graz 2012.
Pankofer, Heinrich, Schlüssel und Schloß. Schönheit, Form und Technik im Wandel der Zeiten(aufgezeigt an der Sammlung Heinrich Pankofer, München)
München 1984.
 

 

Veronika Leopold
Stiftung Heimathaus Traunstein
(Oktober)

Gefördert durch die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern

 

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